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BWL-Trainer: Hinweise zu den Aufgaben zum Nachlesen

9.6 Verteilungsrechnen: Gewinn- und Verlustverteilung in der OHG

Vorbemerkung

Bei der offenen Handelsgesellschaft (OHG) handelt es sich um eine Personengesellschaft, bei der mindestens zwei Gesellschafter Eigentümer des Unternehmens sind.

In vielen schriftlichen und mündlichen kaufmännischen Prüfungen der IHK ist die Gewinn- und Verlustverteilung am Beispiel der OHG ein beliebtes Thema. Daher empfiehlt sich eine intensive Auseinandersetzung mit dem Stoff.

Falls Sie noch grundsätzliche Fragen zum Verteilungsrechnen haben, lesen Sie bitte die Hinweise zu den allgemeinen Anwendungsaufgaben im Programmzweig Goldesel und üben Sie zunächst diese.

Hinweis

Ab dem 01.01.2024 wurde die Gewinn- und Verlustverteilung (§ 120 HGB ff.) für die OHG neu geregelt. In den Hinweisen wird auf die Änderungen eingegangen.

Die Aufgaben

Bei dieser Art von Aufgaben soll ein Gewinn oder Verlust auf die einzelnen Gesellschafter verteilt werden. Die Verteilung von Gewinn und Verlust sind im Handelsgesetzbuch (HGB) und Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) geregelt. Laut § 120 (1) HGB erfolgt die Verteilung nach Maßgabe von § 709 (3) BGB.

§ 709 BGB

...

(3) ... der Anteil an Gewinn und Verlust richtet sich vorrangig nach den vereinbarten Beteiligungsverhältnissen. Sind keine Beteiligungsverhältnisse vereinbart worden, richten sie sich nach dem Verhältnis der vereinbarten Werte der Beiträge. Sind auch Werte der Beiträge nicht vereinbart worden, hat jeder Gesellschafter ohne Rücksicht auf den Wert seines Beitrags ... einen gleichen Anteil am Gewinn und Verlust.

Etwas einfacher ausgedrückt: Die Gewinn- und Verlustverteilung erfolgt

  1. nach dem Verhältnis der vereinbarten Beteiligungen,
  2. nach dem Verhältnis der vereinbarten Werte der Beiträge,
  3. nach Köpfen (falls weder (1) noch (2) vereinbart wurde.

Diese Regelung gilt seit dem 01.01.2024. Die davor geltenden Regeln sind nicht mehr wirksam.

Zur Erinnerung die "alten" gesetzlichen Regelungen (bis 01.01.2024)

Gewinn: 4 % Verzinsung nach den Kapitalanteilen, der Rest wird nach Köpfen verteilt

Verlust: Verlust wird nach Köpfen verteilt

Diese Regeln galten, sofern nicht anderes vertraglich vereinbart wurde.

Um eine Aufgabe lösen zu können, muss man erfassen, was in der Aufgabe vorgegeben ist, und den Gewinn bzw. Verlust entsprechend berechnen. Dabei sind bis 2024 gern verwendete Arbeitsaufträge wie Teilen Sie den Gewinn nach den Regeln des Handelsgesetzbuches (HGB) auf! nicht mehr sinnvoll, da alle Berechnungen auf gesetzlicher Grundlage erfolgen. Man verwendet immer die in der Aufgabe vorgegebenen Verhältnisse oder berechnet nach Köpfen, wenn keine Verhältnisse vorgegeben sind.

Die gesetzlichen Änderungen führen für die Gewinn- und Verlustverteilung dazu, dass mathematisch nur noch Anteile nach vorgegebenen Verhältnissen verteilt werden müssen. Denn sowohl die Beteiligungen (1) als auch die Werte der Beiträge (2) sind letztendlich Beträge, die in einem Verhältnis zueinander stehen. Auch bei der Berechnung nach Köpfen (3) liegt ein Verhältnis vor: die Beträge sind gleich groß.

Beispiel 1: Verteilung nach Beteiligungen

Enthält die Aufgabe Angaben zu den Beteiligungen der einzelnen Gesellschafter, so ist der Gewinn bzw. Verlust im Verhältnis der Beteiligungen zu verteilen.

Der Verteilungsschlüssel für den Anteil an Gewinn/Verlust entspricht dabei dem Prozentsatz der Beteiligung der einzelnen Gesellschafter an der Summe der Beteiligungen aller Gesellschafter.

Einfache Beispielaufgabe (mit bequemen Zahlen)

Frau Kleeblatt und Herr Rübezahl gründen gemeinsam eine OHG. Sie sind an der OHG wie folgt beteiligt: Frau Kleeblatt mit 300.000,00 € und Herr Rübezahl mit 100.000,00 €. Im ersten Jahr haben sie einen Gewinn von 100.000,00 € erwirtschaftet. Verteilen Sie den Gewinn!

Zwischenschritt:

Das Verhältnis der vorgegebenen Beteiligungen zur Summe der Beteiligungen (300.000,00 € + 100.000,00 € = 400.000,00 €) als Prozentsatz berechnen:

  1. Frau Kleeblatt: (300.000,00 € · 100) : 400.000,00 € = 75 %
  2. Herr Rübezahl: (100.000,00 € · 100) : 400.000,00 € = 25 %

Berechnung der Anteile:

Der ermittelte Prozentsatz am Anteil des Gewinns ist für jeden Gesellschafter mit dem Gewinn zu multiplizieren.

Gewinnanteile
1. Frau Kleeblatt75.000,00 € = 100.000,00 € · 75 %
2. Herr Rübezahl25.000,00 € = 100.000,00 € · 25 %

Alternative Berechnung

Wer den Prozentsatz nicht für jeden Anteil einzeln berechnen will, kann das Verhältnis von Gewinn und Summe der Anteile für einen Euro ausrechnen und danach die einzelnen Anteile mit dem ermittelten Faktor multiplizieren.

Zwischenschritt:

Das Verhältnis zwischen Gewinn und Summe der Beteiligungen (300.000,00 € + 100.000,00 € = 400.000,00 €) als Faktor berechnen:

100.000,00 € : 400.000,00 € = 0,25

Der Faktor 0,25 zeigt, dass für jeden Euro des Anteils 25 Cent Gewinn (1 Euro · 0,25) anfallen.

Berechnung der Anteile:

Der ermittelte Faktor ist für jeden Gesellschafter mit seinem Anteil zu multiplizieren.

Gewinnanteile
1. Frau Kleeblatt75.000,00 € = 300.000,00 € · 0,25
2. Herr Rübezahl25.000,00 € = 100.000,00 € · 0,25

Hinweise zur Lösung

Gehen Sie zur Lösung der Aufgaben wie folgt vor:

  1. Bilden Sie die Summe der Beteiligungen.
  2. Ermitteln Sie den Prozentsatz für die Beteiligung für jeden Gesellschafter (entspricht dem Verteilungsschlüssel).
  3. Ermitteln Sie den Anteil am Gewinn/Verlust für jeden Gesellschafter (Prozentsatz mal Gewinn/Verlust).

Hinweis für mathematisch Interessierte

Da die Anteile der Gesellschafter in der Regel runde (und damit zum Rechnen bequeme) Zahlen sind, kann man den Weg über die Berechnung der Prozentsätze für jeden Gesellschafter abkürzen, wenn man den Verteilungsschlüssel der Anteile quasi sieht. Im Beispiel sind es 300.000,00 € und 100.000,00 €. Kürzt man die Nullen, ist der Verteilungsschlüssel 3 : 1. Frau Kleeblatt bekommt also 3 Teile des Gewinns und Herr Rübezahl 1 Teil, was ¾ bzw. ¼ des Gewinns entspricht.

Noch einfacher wird es, wenn alle Gesellschafter Anteile gleicher Höhe haben. Dann muss der Gewinn/Verlust nur durch die Anzahl der Gesellschafter geteilt werden (entspricht der Verteilung nach Köpfen).

Beispiel 2: Verteilung nach Köpfen

Der Vollständigkeit halber hier auch ein Beispiel zur Berechnung der Anteile am Gewinn/Verlust nach Köpfen. Wir nehmen dieselbe Aufgabe wie oben.

Einfache Beispielaufgabe (mit bequemen Zahlen)

Frau Kleeblatt und Herr Rübezahl gründen gemeinsam eine OHG. Im ersten Jahr haben sie einen Gewinn von 100.000,00 € erwirtschaftet. Die Verteilung nach Köpfen wurde vertraglich festgelegt. Verteilen Sie den Gewinn!

Zwischenschritt:

Die Ermittlung der Anzahl der Köpfe ist einfach: laut Aufgabe gibt es 2 Gesellschafter = 2 Köpfe.

Berechnung der Anteile:

Der Gewinn ist durch die Anzahl der Köpfe zu teilen. Jeder Gesellschafter erhält den gleichen Anteil am Gewinn.

Gewinnanteile
1. Frau Kleeblatt50.000,00 € = 100.000,00 € : 2
2. Herr Rübezahl50.000,00 € = 100.000,00 € : 2

Viel Erfolg beim Üben.

Hinweis für Lehrkräfte

Weisen Sie Ihre Schüler ggf. explizit auf die gesetzlichen Änderungen und ihre Folgen hin.

Die bisher im Unterricht und in den Prüfungen beliebten Aufgaben mit Verzinsung und Anteilen nach Köpfen entfallen.

Je nach dem, wie Lehrbuchverlage und die IHK auf die neue Gesetzesanlage reagieren, werden auch wir ggf. weitere Anpassungen an den Aufgaben vornehmen.

Beachten Sie, dass viele Internetseiten und auch Verlage noch nicht auf die geänderte Gesetzeslage eingehen.