Goldesel
Goldesel: Hinweise zu den Aufgaben

9.2 Verteilungsrechnen: Gewinn- und Verlustverteilung in der OHG

Vorbemerkung

Bei der offenen Handelsgesellschaft (OHG) handelt es sich um eine Personengesellschaft, bei der mindestens zwei Gesellschafter Eigentümer des Unternehmens sind.

In vielen schriftlichen und mündlichen kaufmännischen Prüfungen der IHK ist die gesetzliche Gewinn- und Verlustverteilung am Beispiel der OHG ein beliebtes Thema. Daher empfiehlt sich eine intensive Auseinandersetzung mit dem Stoff.

Falls Sie noch grundsätzliche Fragen zum Verteilungsrechnen haben, lesen Sie bitte die Hinweise zu den allgemeinen Anwendungsaufgaben und üben Sie zunächst diese.

Die Aufgaben

Bei dieser Art von Aufgaben soll ein Gewinn oder Verlust auf die einzelnen Gesellschafter verteilt werden. Dabei gibt es grundsätzlich mehrere Varianten der Gewinn- und Verlustverteilung.

Variante 1: Gesetzliche Gewinnverteilung

Wird im Gesellschaftsvertrag keine Vereinbarung über eine mögliche Gewinnverteilung getroffen, so greift die gesetzliche Gewinnverteilung nach den Regeln des Handelsgesetzbuches (HGB).

Hier gilt nach § 121 HGB:

  1. Von dem Jahresgewinn gebührt jedem Gesellschafter zunächst ein Anteil in Höhe von vier vom Hundert seines Kapitalanteils. Reicht der Jahresgewinn hierzu nicht aus, so bestimmen sich die Anteile nach einem entsprechend niedrigeren Satz.
  2. (...)
  3. Derjenige Teil des Jahresgewinns, welcher die nach den Absätzen 1 (...) zu berechnenden Gewinnanteile übersteigt, (...) wird unter die Gesellschafter nach Köpfen verteilt.

Der Hintergrund dieser etwas sonderbar anmutenden Verteilung des Restgewinns nach Köpfen liegt darin, dass jeder Gesellschafter in der OHG im Falle einer Insolvenz mit seinem privaten Vermögen haftet und daher auch bei einer geringen Kapitaleinlage über die Verteilung nach Köpfen eine angemessene Risikoprämie (Gewinnanteil für das Eingehen eines unternehmerischen Risikos) erhalten soll.

Beispielaufgabe (mit bequemen Zahlen)

Frau Kleeblatt, Herr Gerstmann und Herr Rübezahl gründen gemeinsam eine OHG. Sie sind an der OHG wie folgt beteiligt: Frau Kleeblatt mit 300.000,00 €, Herr Gerstmann mit 200.000,00 € und Herr Rübezahl mit 100.000,00 €. Im ersten Jahr haben sie einen Gewinn von 324.000,00 € erwirtschaftet. Dieser soll nun nach den Regeln des Handelsgesetzbuches (HGB) verteilt werden.

Zwischenschritte:

Zuerst werden die Gewinnanteile nach Geschäftsanteilen ermittelt (Verzinsung).
Danach wird der Restbetrag gleichmäßig auf die Anzahl der Anteilseigner verteilt.
Die Summe beider Beträge ergibt den Gesamtgewinn pro Anteilseigner.
Summe der Gewinne aus Verzinsung der Anteile mit 4 %:
 24.000,00 € = (12.000,00 € + 8.000,00 € + 4.000,00 €)
Rest nach Köpfen gesamt und pro Kopf:
 300.000,00 € => pro Anteilseigner: 100.000,00 €

Gewinnanteile
1.)Frau Kleeblatt112.000,00 € = 12.000,00 € + 100.000,00 €
2.)Herr Gerstmann108.000,00 € = 8.000,00 € + 100.000,00 €
3.)Herr Rübezahl104.000,00 € = 4.000,00 € + 100.000,00 €

Hinweise zur Lösung

Gehen Sie zur Lösung der Aufgabe wie folgt vor:

  1. Berechnen Sie die prozentualen Gewinnanteile für die Anteilseigner (gesetzliche Vorgabe: jeweils 4 % des Anteils).
  2. Bilden Sie die Summe der prozentualen Gewinnanteile.
  3. Subtrahieren Sie diese Summe vom Gesamtgewinn.
  4. Teilen Sie die ermittelte Differenz durch die Anzahl der Anteilseigner (Köpfe).
  5. Addieren Sie die jeweiligen prozentualen Gewinnanteile und den Gewinn pro Kopf.

Gewinn geringer als 4 %

Ist der erzielte Gewinn geringer als 4 % der Summe der Anteile, so ist laut § 121 HGB Absatz 1 der entsprechend niedrigere Satz zu bestimmen. Mathematisch bedeutet das, dass zuerst berechnet werden muss, wie viel Prozent der Summe der Anteile der Gewinn entspricht. In einem weiteren Schritt wird bestimmt, wie hoch der Gewinn für die jeweiligen Anteilseigner ist.

Es handelt sich dabei um simple Dreisatzaufgaben, wie das folgende Beispiel verdeutlichen soll.

Wir verwenden alle Daten aus der bereits gerechneten Aufgabe, nehmen aber an, dass der Gewinn lediglich 12.000 € betrug.

Die Summe der Anteile (= 600.000 €) entspricht 100 %, wie viel Prozent sind 12.000 € davon? Nach dem Wegstreichen der vielen Nullen (120.000 · 100) : 600.000 => 12 : 6) wissen wir, dass die 12.000 € genau 2 % entsprechen. Also bekommen alle Anteilseigner 2 % von ihrem Anteil als Gewinn. Gewinn pro Kopf gibt es in diesem Fall nicht.

Übrigens, falls Sie nicht den Weg über die Prozentrechnung verwenden wollen, können Sie auch den Gewinn pro eingesetzten Euro oder nach dem Verhältnis der eingesetzten Anteile (im Beispiel 3 : 2 : 1) berechnen, was sich besonders bei bequemen Zahlen anbietet. Das Ergebnis ist dasselbe.

Hinweis: Man sollte sowieso vor dem Berechnen der Aufgaben einen Überschlag machen, ob der Gewinn den prozentualen Gewinnanteil übersteigt.

Variante 2: Vertragliche Gewinnverteilung

Anders als bei der gesetzlichen Gewinnverteilung haben hier die Gesellschafter einen Vertrag über die Verteilung des Gewinns unter den Gesellschaftern frei vereinbart. Zum Beispiel kann auf die Verteilung nach Köpfen verzichtet werden oder es wird nur nach Köpfen verteilt. Die gesetzliche Vorgabe kann dahingehend variiert werden, dass der Prozentsatz nach oben oder unten verändert wird.

Als Variationen ergeben sich also:

  1. prozentualer Anteil von n Prozent + Anteil nach Köpfen
  2. nur prozentualer Anteil von n Prozent
  3. nur Anteil nach Köpfen

Auf ein eigenes Beispiel wird hier verzichtet. Wer möchte, der setzte im Beispiel zur Variante mit der gesetzlichen Verteilung einen anderen Prozentsatz ein und/oder lasse die prozentualen Anteile oder die Anteile pro Kopf weg.

Variante 3: Gesetzliche Verlustverteilung

Wird im Gesellschaftsvertrag keine Vereinbarung über eine mögliche Verlustverteilung getroffen, so greift die gesetzliche Verlustverteilung nach den Regeln des Handelsgesetzbuches (HGB).

Hier gilt nach § 121 HGB:

(3) Derjenige Teil des Jahresgewinns, welcher die nach den Absätzen 1 (...) zu berechnenden Gewinnanteile übersteigt, sowie der Verlust eines Geschäftsjahrs wird unter die Gesellschafter nach Köpfen verteilt.

Mathematisch ist die Verlustverteilung in diesem Fall äußerst simpel:

Verlust pro Anteilseigner = Gesamtverlust : Anzahl der Eigner

Auf ein eigenes Beispiel wird hier deshalb verzichtet.

Variante 4: Vertragliche Verlustverteilung

Vertraglich kann die Verlustverteilung frei vereinbart werden. So könnte der Verlust zum Beispiel nach Anteilen oder in einem bestimmten Verhältnis oder sowohl prozentual als auch nach Köpfen verteilt werden.

Da das mathematisch alles nur Variationen von bereits Bekanntem und Ausgeführtem sind (einziger Unterschied: Es wird nicht der Gewinn, sondern der Verlust berechnet.), wird hier auf Beispielrechnungen verzichtet.

Viel Erfolg beim Üben.