KFBM
Über das Lernfeldkonzept

Kaufmann/-frau für Büromanagement

Am 11.12.2013 wurde die Verordnung über die Berufsausbildung zum Kaufmann/-frau für Büromanagement erlassen. Ziel war die Zusammenführung vormals unabhängiger Ausbildungen (Kaufleute für Bürokommunikation, Bürokaufleute, Fachangestellte für Bürokommunikation) zu einem Ausbildungsberuf.

In enger Abstimmung mit der Verordnung über die Berufsausbildung zum Kaufmann/-frau für Büromanagement erarbeitet, wurde der Rahmenlehrplan durch die Kultusministerkonferenz (KMK) am 27.09.2013 erlassen. Er bildet die Grundlage für den Unterricht an beruflichen Schulen in den Ländern.

Gemäß den Handreichungen für die Erarbeitung von Rahmenlehrplänen der Kultusministerkonferenz für den berufsbezogenen Unterricht in der Berufsschule ... vom 09.05.1996 sollen die unterrichtlichen Inhalte in den Curricula nach Lernfeldern und nicht wie bisher nach Fächern gegliedert werden.

Doch was sind Lernfelder?

Das Lernfeldkonzept: Die Grundidee

Gemäß dem Lernfeldkonzept soll sich der Unterricht bezüglich der Auswahl und Anordnung der Inhalte an die betrieblichen Ablaufstrukturen bzw. Arbeitsprozesse anlehnen. Lernen soll sich damit stärker als bisher auf das berufliche Handeln im Betrieb beziehen.

Damit werden die Inhalte der beruflichen Bildung nicht mehr nach fachsystematischen Geschichtspunkten in traditionelle Fächer einsortiert, sondern werden ähnlich den Tätigkeitsfeldern (Handlungsfelder) in den Unternehmen zu Lernfeldern zusammengefasst.

Gegenüberstellung traditioneller und lernfeldorientierter Rahmenlehrpläne
BetrachtungspunktTraditionelle RahmenlehrpläneLernfeldorientierte Rahmenlehrpläne
BezugspunktWissenschaftsorientierung
Fachsystematik
Aufgaben der Arbeitswelt
Arbeitsprozesse in Handlungsfeldern
Didaktisches Prinzipfächerbezogenes Unterrichteninhaltsübergreifendes Unterrichten

Überdies sollen nach dem Lernfeldkonzept im Unterricht ähnliche Kompetenzen ausgebildet werden, die auch in Unternehmen zur erfolgreichen Bewältigung von Arbeitsprozessen notwendig sind (z. B. Sozialkompetenz, Methodenkompetenz).

Unterricht in Lernfeldern

Handlungsfelder sind die Basis für die Ausgestaltung bzw. Konstruktion von Lernfeldern. Damit werden die betrieblichen Handlungsfelder zu didaktischen Bezugspunkten.

Lernfelder sind curriculare Einheiten. Sie destillieren aus den Handlungsfeldern (z. B. Arbeitsprozesse im Verkauf) für die Ausbildung wichtige grundlegende Inhalte, die eine Basis zum Bewältigen von grundlegenden einfachen beruflichen Tätigkeiten (z. B. im Verkauf) sind. Ziel ist der Aufbau einer grundlegenden Handlungskompetenz im jeweiligen Handlungsfeld.

Hier ein ausformulierter Beispielauszug aus dem Rahmenlehrplan für Kaufleute für Büromanagement:

Lernfeld 5: Kunden akquirieren und binden 2. Ausbildungsjahr Zeitrichtwert: 80 Stunden

Die Schülerinnen und Schüler verfügen über die Kompetenz, den Einsatz von Preis- und Kommunikationspolitik für die Kundengewinnung und -bindung zu nutzen.

Die Schülerinnen und Schüler analysieren anhand der Daten der Marktforschung (Primär- und Sekundärforschung) und der Kundendaten die aktuelle Marktsituation (Kundenstruktur, Konkurrenz, konjunkturelle Lage) zum Leistungsangebot des Betriebes. Sie gestalten auf der Basis vorgegebener Elemente einen Fragebogen mit den Anwendungsmöglichkeiten (Formulargestaltung) eines Textverarbeitungsprogramms.

Die Schülerinnen und Schüler informieren sich darüber, auf welchem Markt (Käufer- und Verkäufermarkt) sich ihr Betrieb befindet. Sie leiten daraus die absatzpolitischen Ziele und Möglichkeiten der Preisfestsetzung auch mit Hilfe von Modellen (vollständige Konkurrenz) ab.

...

Aus dem Auszug wird deutlich, dass die für den Unterricht notwendigen Vorgaben nur grob in den Lernfeldinhalten des Rahmenlehrplans ausformuliert sind.

Aufgabe der Schulen soll nun sein, aus den groben inhaltlichen Vorgaben Handlungssituationen für den Unterricht zu konstruieren, die grundsätzlich

Dabei sollen die konstruierten Lernsituationen auf das Wissen vormals unterschiedlicher Fächer zurückgreifen. Fachunterricht im klassischen Sinne ist damit abgeschafft und soll nur noch in Ausnahmefällen zugelassen werden (vgl. Pätzold, S. 10). Damit führt der neue Lernfeldunterricht einen Paradigmenwechsel an: von der fachlogischen Struktur zur handlungslogischen Struktur von Unterricht.

Aus den groben Vorgaben wird deutlich, dass die Schulen ein Mehr an curricularen Aufgaben bewältigen müssen. Sie sind verantwortlich für die Aufbereitung der Lernfelder. Sie bestimmen den Anspruch der Lernfelder über die Lernsituationen und ihre Qualität. Sie bestimmen den Grad an fachsystematischen Einschüben in einen eher handlungslogischen Unterricht. Sie bestimmen auch, was neben den Inhalten im Rahmenlehrplan noch bedeutsam für einzelne Lernsituationen ist. Kurzum: Die Korsettstangen (Rahmenlehrpläne) der beruflichen Bildung sind biegsamer geworden und werden zu einer größeren Uneinheitlichkeit der Berufsausbildung im Vergleich zu den traditionellen Rahmenlehrplänen führen.

Übersicht: vom Handlungsfeld zur Lernsituation

Handlungsfeld (Ebene der betrieblichen Tätigkeit)

Ein Handlungsfeld umfasst alle Tätigkeiten in einem abgegrenzten Bereich eines Unternehmens (z. B. im Bereich Verkauf)

Dabei gibt es in einem Handlungsfeld viele Tätigkeiten bzw. Handlungen (z. B. Schreiben eines Angebots). Zur Bewältigung von Tätigkeiten im Handlungsfeld werden neben der Fachkompetenz viele weitere Kompetenzen benötigt (z. B. Sozialkompetenz).

Lernfelder (Ebene des Rahmenlehrplans)

Handlungsfelder sind Grundlage der Konstruktion von Lernfeldernangereichert durch weitere Bildungsinhalte (z. B. Fragen der Ökologie usw.)

Lernsituationen (Ebene der schulischen Umsetzung)
didaktisch konkretisierte Lernfelder

Exemplarische Lernsituationen werden für allgemeine Berufssituationen herausgefiltert.

Im Rahmenlehrplan Kaufmann/-frau für Büromanagement sind die beruflichen Inhalte auf 13 Lernfelder verteilt worden:

Lernfeld 1: Die eigene Rolle im Betrieb mitgestalten und den Betrieb präsentieren

Lernfeld 2: Büroprozesse gestalten und Arbeitsvorgänge organisieren

Lernfeld 3: Aufträge bearbeiten

Lernfeld 4: Sachgüter und Dienstleistungen beschaffen und Verträge schließen

Lernfeld 5: Kunden akquirieren und binden

Lernfeld 6: Werteströme erfassen und beurteilen

Lernfeld 7: Gesprächssituationen gestalten

Lernfeld 8: Personalwirtschaftliche Aufgaben wahrnehmen

Lernfeld 9: Liquidität sichern und Finanzierung vorbereiten

Lernfeld 10: Wertschöpfungsprozesse erfolgsorientiert steuern

Lernfeld 11: Geschäftsprozesse darstellen und optimieren

Lernfeld 12: Veranstaltungen und Geschäftsreisen organisieren

Lernfeld 13: Ein Projekt planen und durchführen

Beurteilung des Lernfeldkonzepts

Im Kern sollte der Unterricht nach Lernfeldern die Handlungskompetenz gegenüber dem früheren Unterricht erhöhen, indem die schulische Ausbildung mehr Rücksicht auf betriebliche Arbeitsprozesse nimmt. Damit soll die in den Lernfeldern gewonnene arbeitsprozessuale Kompetenz als Transferwissen in den Betrieben Anwendung finden. Die Motivation der Auszubildenden soll dadurch gesteigert werden (das Wissen ist auch wirklich anwendbar). Ob die Ziele bisher erreicht wurden, ist bis heute noch nicht nachweisbar. Empirische Studien liegen noch nicht vor. Der Paradigmenwechsel in der Schule vom traditionellen Unterricht zum Lernfeldunterricht ist ein Schulversuch größeren Ausmaßes.

In der pädagogischen Literatur und auch von uns wird das Lernfeldkonzept bis heute kritisch gesehen.

Folgende Argumente werden hierzu ausgeführt:

Die Hauptschwierigkeit der Lernfelder besteht jedoch darin, die fachlich-systematischen Inhalte in handlungslogischen Strukturen zu vermitteln. Fachwissenschaft wird nicht mehr einheitlich, sondern zerfasert in verschiedenen Lernfeldern en passant in Lernsituationen unterrichtet. Eine wissenschaftspropädeutische Hinführung zu späterem strukturiertem Denken kann so verloren gehen.

Lernnetz24 – die Stellung im Lernfeldkonzept

Ziel des Lernfeldkonzepts ist, die Handlungskompetenz der Auszubildenden zu steigern, d. h. sie sollen den beruflichen Alltag im Ausbildungsunternehmen besser bewältigen. Doch diese Umsetzung kostet im Unterricht viel Zeit. Unterricht mit verstärkter Gruppenarbeit und viel selbstständiger Erarbeitung im System der Arbeitsprozesse ist zeitlich eher umfangreicher als der traditionelle Unterricht.

Obwohl die Erarbeitung der Lösungen in den Handlungssituationen durch fachsystematische Einschübe unterstützt werden sollen, sind diese im Vergleich zum traditionellen Unterricht weniger umfangreich (z. B. traditionelle Herleitungen fachsystematischen Wissens etc.). Traditionelle Übungsphasen im Lernfeldunterricht sind eher gering.

Hier hilft das Lernnetz24. Es kann die fehlende Übungspraxis der Lerner unterrichtsbegleitend überwinden. Die Balance zwischen dem Arbeiten in den Handlungssituationen, den fachsystematischen Einschüben durch die Lehrkräfte und dem traditionellen Üben wird so hergestellt. Fachkompetenz kann so gestärkt werden. Denn Unterricht im Lernfeldkonzept ist handlungslogisch, jedoch im Aufbau nicht immer sachlogisch. Durch das Lesen der Sachtexte zu den dazugehörigen Übungen kann der Schüler den sachlogischen Aufbau nachvollziehen bzw. rekonstruieren.

Zudem fordert der Rahmenlehrplan: "Um ihren Bildungsauftrag zu erfüllen, muss die Berufsschule ein differenziertes Bildungsangebot gewährleisten, das ... einen inklusiven Unterricht mit entsprechender individueller Förderung vor dem Hintergrund unterschiedlicher Erfahrungen, Fähigkeiten und Begabungen aller Schüler und Schülerinnen ermöglicht." (Rahmenlehrplan S.3). Auch hier unterstützt das Lernnetz24, indem es Möglichkeiten zur Binnendifferenzierung bietet.

Lernnetz24 – Vorbereitung auf die IHK-Prüfung

Irgendwann steht für jede Schülerin bzw. jeden Schüler die Abschlussprüfung an. Lehrbücher und Unterrichtsmaterialien sind zunehmend nach Lernfeldern gemäß dem Rahmenlehrplan strukturiert. Dabei sind die Lernfeldformulierungen sehr offen (siehe oben). Prüfungsersteller der IHK benötigen dagegen klare Mindestanforderungen zur Gestaltung der Prüfungen. Hierzu gibt die Aufgabenstelle für Zwischen- und Abschlussprüfungen (AKA) in Nürnberg Prüfungskataloge heraus, die schlagwortartig die Höchstanforderungen für die IHK-Prüfungen formulieren. Der Prüfungskatalog ist dabei im thematischen Aufbau nur sehr grob an die Lernfelder des Rahmenlehrplans angelehnt.

Das Lernnetz24 orientiert sich bei der Konzeption der Übungsaufgaben an diesen Höchstanforderungen für die Prüfung, so dass die Arbeit mit dem Lernnetz24 bezogen auf die geforderten Fachkompetenzen auf die Abschlussprüfung vorbereitet.

Für die zentralen Abschlussprüfungen wurde von der AKA überdies ein Musterunternehmen konzipiert (Jana Loft KG), das ein Produktionsunternehmen mit Handelsfunktion in der Rechtsform einer Personengesellschaft ist. An dieser Struktur orientieren sich die Aufgaben im Lernnetz24.


Quellen: