Im Rahmen dieser Aufgaben sollen die Buchungen zur antizipativen Jahresabgrenzung geübt werden. Solche Aufgaben sind regelmäßig Bestandteil der IHK-Prüfung. Eine Aufgabe sieht zum Beispiel so aus:
Der Geschäftsfall
Soll | Haben | Soll | Haben |
€ | € |
Beim Lösen sollte das Beantworten folgender Fragen helfen:
Hinweis zur Terminologie: Die Bezeichnungen für die Konten 2900 und 4900 in der Literatur sind nicht durchgehend gleich. So verwendet Schmolke/Deitermann beispielsweise im Lehrbuchtext sonstige Forderungen und sonstige Verbindlichkeiten, während dieselben Konten im Kontenrahmen desselben Buches übrige sonstige Forderungen und übrige sonstige Verbindlichkeiten heißen. In den Übungen werden stets die Bezeichnungen sonstige Forderungen und sonstige Verbindlichkeiten verwendet, orientieren Sie sich im Zweifelsfalle an den Kontennummern.
Ziel der Rechnungsabgrenzung ist die Herstellung eines periodengerechten Gewinns oder Verlusts im Gewinn- und Verlustkonto (GuV), d. h. es dürfen nur Aufwendungen und Erträge im Gewinn- und Verlustkonto (GuV) berücksichtigt werden, wenn sie auch wirklich im Geschäftsjahr angefallen sind. In Fällen, in denen die Aufwendungen und Erträge nicht jahresgleich mit den Ausgaben und Einnahmen zusammenfallen, müssen Rechnungsabgrenzungen vorgenommen werden.
Bei der antizipativen Rechnungsabgrenzung (lat.: anticipare = vorwegnehmen) liegen die Aufwendungen und Erträge im alten Jahr und die dazugehörigen Ausgaben und Einnahmen im neuen Jahr.
Lesen Sie bitte auch die Hinweise zum Thema 18.1 Antizipative und transitorische Rechnungsabgrenzung.
Im Folgenden wird der Übertrag eines Aufwands und eines Ertrags in das Folgejahr in seiner Gesamtheit von der Rechnungsabgrenzung im alten Jahr bis zur Begleichung der Verbindlichkeit bzw. Forderung im neuen Jahr dargestellt.
Wichtig für die Übungen ist der jeweils 1. Teilschritt (Durchführen der Jahresabgrenzung). Sie sollten aber für ein besseres Verständnis der Rechnungsabgrenzung alle Teilschritte erfassen.
Nach der detaillierten Darstellung finden Sie noch Hinweise zur Behandlung der Vorsteuer bzw. der Umsatzsteuer sowie zwei Beispielaufgaben mit Lösungshinweisen.
Beispiel: Die für die Lagerhalle im Dezember 00 fällige Miete in Höhe von 1000 € wird von der Möbelfabrik Wurm erst im neuen Jahr 01 per Banküberweisung beglichen.
1. Schritt (altes Jahr) – Durchführung der Rechnungsabgrenzung
Der Mietaufwand für Dezember 00, für den noch keine Ausgabe vorliegt (Banküberweisung erfolgt im Januar des Folgejahres), wird erfolgswirksam und periodenrichtig auf dem gleichnamigen Konto im Abschlussjahr 00 erfasst. Die antizipierte dazugehörige Ausgabe wird auf dem Konto 4890 Sonstige Verbindlichkeiten gegengebucht. Dieses Konto ist ein passives Bestandskonto, d. h. Mehrungen erfolgen im Haben. Im Beispiel liegen die Aufwendungen für die Miete der Lagerhalle bei 1000 €. Der gesamte Betrag ist abzugrenzen.
Soll | Haben | Soll | Haben |
6700 Mietaufwand | 4890 Sonstige Verbindlichkeiten | 1000 € | 1000 € |
Soll | 6700 Mietaufwand | Haben | |
4890 Sonstige Verbindlichkeiten | 1000 € |
Soll | 4890 Sonstige Verbindlichkeiten | Haben | |
6700 Mietaufwand | 1000 € |
2. Schritt (altes Jahr) – Abschlussbuchungen
Zum Jahresabschluss muss das Konto Mietaufwand über das Gewinn- und Verlustkonto (GuV) und das Konto Sonstige Verbindlichkeiten über das Schlussbilanzkonto (SBK) abgeschlossen werden.
Soll | Haben | Soll | Haben |
8020 GuV | 6700 Mietaufwand | 1000 € | 1000 € |
4890 Sonstige Verbindlichkeiten | 8010 Schlussbilanzkonto | 1000 € | 1000 € |
Soll | 6700 Mietaufwand | Haben | |
4890 Sonstige Verbindlichkeiten | 1000 € | 8020 GuV | 1000 € |
1000 € | 1000 € |
Soll | 4890 Sonstige Verbindlichkeiten | Haben | |
8010 SBK | 1000 € | 6700 Mietaufwand | 1000 € |
1000 € | 1000 € |
Soll | 8020 Gewinn- und Verlustkonto | Haben | |
6700 Mietaufwand | 1000 € |
Soll | 8010 Schlussbilanzkonto | Haben | |
4890 Sonstige Verbindlichkeiten | 1000 € |
3. Schritt (neues Jahr) - Eröffnungsbuchung
Im neuen Jahr wird der noch zu zahlende Aufwand über das Eröffnungsbilanzkonto (EBK) als Eröffnungsbestand im Konto 4890 Sonstige Verbindlichkeiten eingebucht.
Soll | Haben | Soll | Haben |
8000 Eröffnungsbilanzkonto | 4890 Sonstige Verbindlichkeiten | 1000 € | 1000 € |
Soll | 8000 Eröffnungsbilanzkonto | Haben | |
4890 Sonstige Verbindlichkeiten | 1000 € |
Soll | 4890 Sonstige Verbindlichkeiten | Haben | |
8000 EBK | 1000 € |
4. Schritt (neues Jahr) – Begleichung der sonstigen Verbindlichkeit
Zum Zeitpunkt der Fälligkeit wird die sonstige Verbindlichkeit, also der Mietaufwand aus dem letzten Jahr, beglichen.
Im Beispiel wird die sonstige Verbindlichkeit per Banküberweisung bezahlt.
Soll | Haben | Soll | Haben |
4890 Sonstige Verbindlichkeiten | 2800 Bank | 1000 € | 1000 € |
Soll | 4890 Sonstige Verbindlichkeiten | Haben | |
2800 Bank | 1000 € | 8000 EBK | 1000 € |
Soll | 2800 Bank | Haben | |
4890 Sonstige Verbindlichkeiten | 1000 € |
Beispiel: Die Möbelfabrik Wurm e. Kfm. hat im Jahr 00 einem Mitarbeiter einen Kredit (Laufzeit April 00 – März 01) gegeben. Laut Vertrag werden die Zinsen in Höhe von 1200 € Ende März 01 fällig und vom Schuldner fristgerecht auf das Bankkonto der Möbelfabrik Wurm e. Kfm. überwiesen.
1. Schritt (altes Jahr) – Durchführen der Jahresabgrenzung
Der Kreditzeitraum liegt jahresübergreifend, d. h. die Zinserträge müssen aus diesem Grund periodengerecht den einzelnen Geschäftsjahren zugeordnet werden.
Zinsen insgesamt | Zinsen altes Jahr: April - Dezember 00 | Zinsen neues Jahr: Januar 01 - März 01 |
---|---|---|
1200 € (12 Monate) | 900 € (9 Monate) | 300 € (3 Monate) |
Rechenweg: Verteilung Zinserträge:
altes Jahr: (1200 € : 12 Monate) · 9 Monate = 900 €
neues Jahr: (1200 € : 12 Monate) · 3 Monate = 300 €
Der Zinsertrag des alten Jahres wird noch zum Ende des Jahres als so genannte antizipative Rechnungsabgrenzung erfolgswirksam und periodengerecht auf dem Konto 5710 Zinserträge erfasst. Die Gegenbuchung des Abgrenzungsbetrages in Höhe von 900 € erfolgt auf dem Konto 2690 Sonstige Forderungen. Dieses Konto ist ein aktives Bestandskonto, Mehrungen erfolgen im Soll.
Soll | Haben | Soll | Haben |
2690 Sonstige Forderungen | 5710 Zinserträge | 900 € | 900 € |
Soll | 2690 Sonstige Forderungen | Haben | |
5710 Zinserträge | 900 € |
Soll | 5710 Zinserträge | Haben | |
2690 Sonstige Forderungen | 900 € |
2. Schritt (altes Jahr) - Abschlussbuchungen
Zum Jahresabschluss muss das Konto Zinserträge über das Gewinn- und Verlustkonto (GuV) und das Konto Sonstige Forderungen über das Schlussbilanzkonto (SBK) abgeschlossen werden.
Soll | Haben | Soll | Haben |
5710 Zinserträge | 8020 GuV | 900 € | 900 € |
8010 Schlussbilanzkonto | 2690 Sonstige Forderungen | 900 € | 900 € |
Soll | 2690 Sonstige Forderungen | Haben | |
5710 Zinserträge | 900 € | 8010 SBK | 900 € |
900 € | 900 € |
Soll | 5710 Zinserträge | Haben | |
8020 GuV | 900 € | 2690 Sonstige Forderungen | 900 € |
900 € | 900 € |
Soll | 8020 Gewinn- und Verlustkonto | Haben | |
5710 Zinserträge | 900 € |
Soll | 8010 Schlussbilanzkonto | Haben | |
2690 sonstige Forderungen | 900 € |
3. Schritt (neues Jahr) - Eröffnungsbuchung
Im neuen Jahr wird der Eröffnungsbestand über das Eröffnungsbilanzkonto (EBK) in das Konto 2690 Sonstige Forderungen eingebucht.
Soll | Haben | Soll | Haben |
2690 Sonstige Forderungen | 8000 Eröffnungsbilanzkonto | 900 € | 900 € |
Soll | 8000 Eröffnungsbilanzkonto | Haben | |
2690 Sonstige Forderungen | 900 € |
Soll | 2690 Sonstige Forderungen | Haben | |
8000 EBK | 900 € |
4. Schritt (neues Jahr) – Begleichung der sonstigen Forderung und periodengerechte Verbuchung des Restertrags des neuen Jahres
Zum Zeitpunkt der Fälligkeit werden die Zinsen von 1200 € vom Schuldner fristgerecht überwiesen. Dabei ist zu beachten, dass die Zinserträge, die in das Jahr 01 gehören (300 €) und daher bisher nicht im Jahr 00 verbucht wurden, noch erfolgswirksam und periodengerecht erfasst werden müssen.
Soll | Haben | Soll | Haben |
2800 Bank | 2690 Sonstige Forderungen | 1200 € | 900 € |
5710 Zinserträge | 300 € |
Soll | 2690 Sonstige Forderungen | Haben | |
8000 EBK | 900 € | 2800 Bank | 900 € |
Soll | 2800 Bank | Haben | |
2690 Sonstige Forderungen/5710 Zinserträge | 1200 € |
Soll | 5710 Zinserträge | Haben | |
2800 Bank | 300 € |
Liegt zum Ende des Jahres die Rechnung noch nicht vor, so darf keine Vorsteuer vom Finanzamt gefordert werden. Der Unternehmer darf die Vorsteuer erst dann in Abzug bringen, wenn die Rechnung im Folgejahr vorliegt und die Lieferung bzw. sonstige Leistung ausgeführt wurde (vgl. § 15 Abs.1 Ziffer 1 UStG).
Beispiel: Für die im Dezember erfolgte Papierlieferung (Büromaterial) in Höhe von 100 € netto liegt Ende Dezember noch keine Rechnung vor. Nach telefonischer Auskunft möchte der Lieferant uns die Rechnung Anfang Januar schicken.
Buchung im alten Jahr bei der Rechnungsabgrenzung
Soll | Haben | Soll | Haben |
6800 Büromaterial | 4890 Sonstige Verbindlichkeiten | 100 € | 100 € |
Buchung im neuen Jahr bei Rechnungserhalt
Soll | Haben | Soll | Haben |
4890 Sonstige Verbindlichkeiten | 4400 Verbindlichkeiten aLL | 100 € | 119 € |
2600 Vorsteuer | 19 € |
Hinweis: Aus Vereinfachungsgründen wurden in diesem Beispiel die Abschluss- und Eröffnungsbuchungen sowie das Hauptbuch nicht dargestellt.
Sind Lieferungen und Leistungen im alten Geschäftsjahr bereits erfüllt und erfolgt deren Rechnungsstellung erst im Folgejahr, so ist anders als bei der Vorsteuer die Umsatzsteuer bereits im Abschlussjahr fällig (vgl. § 13 Abs. 1 Ziffer 1a UStG).
Leider hat der Staat hier keine einheitlichen Regelungen in dem Sinne geschaffen, dass die Vorsteuer und Umsatzsteuer erst bei Rechnungsstellung berücksichtigt werden. Der Hintergrund dieser Uneinheitlichkeit ist wahrscheinlich das Ziel, die Steuereinnahmen vorzuverlagern und damit einen Zinsgewinn zu erhalten, denn die vorgezogene Fälligkeit der Umsatzsteuer ist aus Sicht des Staates eine Einnahme und die erstattete Vorsteuer eine Ausgabe.
Beispiel: Die Möbelfabrik Wurm e. Kfm. vermietet einen seiner nicht mehr benötigten Bürokopierer an ein befreundetes Unternehmen. Die monatliche Miete für den Kopierer beträgt 100 € netto. Die Monatsmiete für den Dezember wird laut Vertrag erst im Januar des folgenden Jahres gezahlt. Die Rechnung des Monats Dezember wird dem Mieter im neuen Jahr zugestellt. Buchen Sie bitte die Jahresabgrenzung zum 31.12.00!
Im Beispiel gehört der Mietertrag wirtschaftlich in das alte Jahr und muss dort erfolgswirksam und periodengerecht erfasst werden. Die Einnahme wird im neuen Jahr erfasst. Die Umsatzsteuer muss gemäß Umsatzsteuergesetz im Abschlussjahr berücksichtigt werden. Dabei ist es nicht von Bedeutung, ob die Rechnung schon im alten, also dem Abschlussjahr, oder dem neuen Geschäftsjahr erstellt wird.
Buchung im alten Jahr bei der Rechnungsabgrenzung
Soll | Haben | Soll | Haben |
2690 Sonstige Forderungen | 5401 Nebenerlöse aus Vermietung und Verpachtung | 119 € | 100 € |
4800 Umsatzsteuer | 19 € |
Buchung im neuen Jahr bei Rechnungserhalt
Soll | Haben | Soll | Haben |
2800 Bank | 2690 Sonstige Forderungen | 119 € | 119 € |
Der Geschäftsfall
Lösungsschritte
Wir buchen:
Soll | Haben | Soll | Haben |
7510 Zinsaufwand | 4890 Sonstige Verbindlichkeiten | 1.800,00 € | 1.800,00 € |
Der Geschäftsfall
Lösungsschritte
Wir buchen:
Soll | Haben | Soll | Haben |
2690 Sonstige Forderungen | 5710 Zinserträge | 420,00 € | 420,00 € |
Viel Erfolg beim Üben.